Jenin liegt nördlich von Nablus kurz vor der "grünen Linie" mit dem Sicherheitszaun, der die palästinensischen Autonomiegebiete von den Kernland Israels trennt. In Jenin wollte ich mir das Cinema Jenin und das Freedom Theatre anschauen, zwei Einrichtungen, die versuchen die (auch kulturelle ) Isolation in den (ehemals) besetzten Gebieten aufzubrechen. Ich werde kurz was zu den Projekten erzählen, weiter gibt`s dann auch noch die Links zu den entsprechenden Websites. Das Kino ist das einzige im Umkreis von 50 Kilometern. Es wurde 2010 nach 20 Jahren Leerstand wiedereröffnet. Das Projekt wurde sehr stark von deutscher Seite (Staatlich/ als auch privat) und international, z.B. durch die „Cinema for peace foundation“, gefördert. 2 Jahre lang haben Einheimische, unterstützt durch internationale Freiwillige, daran gearbeitet, wieder einen Ort der Kultur zu schaffen. Stark engagiert in diesen Projekt ist auch der deutsche Dokumentarfilmer Marcus Vetter, dessen Film "Das Herz von Jenin" den deutschen Filmpreis für den besten Dokumentarfilm 2010 erhielt. Der Film handelt von einem palästinensischen Vater, dessen Sohn durch israelische Kugeln stirbt. Der Vater gibt trotzdem die Organe frei um andere Kinder (auch israelische) damit zu retten. Der Film zeigt dann auch seine Besuche bei den Familien, deren Kinder die jeweiligen Organe erhalten haben. Ein sehr spannender und bewegender Film. Mittlerweile ist ein zweiter Dokumentarfilm über Jenin entstanden, "Project Cinema Jenin - The Film", über das Kinoprojekt. Zu dem Kino gehört auch ein schönes Guesthouse, wo man relativ günstig übernachten kann. Das zweite Projekt ist das "Freedom Theatre". Es wurde 2006 im Flüchtlingslager von Jenin von Juliano Mer Khamis wiedergegründet. Schon seine Mutter hatte in den 80ziger Jahren begonnen Theaterarbeit mit Kindern in dortigen Flüchtlingslager zu betreiben. Das Theater möchte palestinensische Kinder und Jugendliche ermutigen und befähigen sich auszudrücken, ihre Emotionen und Kreativität durch Kultur und Kunst zu entdecken, um ihnen eine Stimme zu geben in der (palästinensischen) Gesellschaft und darüber hinaus. Zu dem Theater gehört auch ein Jugendzentrum, in dem verschiedene Kurse angeboten werden , zum Beispiel zu Fotographie, Film, Computer. Juliano Mer Khamis wurde am 04.04.2011 vor seinem Haus im Flüchtlingscamp ermordet. Niemand hat sich dazu bekannt, und die polizeilichen Ermittlungen der Autonomiebehörde haben bisher nichts dazu ergeben. Am 04.04.2012, am Jahrestag seiner Ermordung, soll es deshalb eine Demonstration vor der Polizeibehörde in Ramallah geben. Ich habe während meine Nahostreise in der online Ausgabe einer israelischen Zeitung ein Interview mit einem älteren Hamas-Aktivisten aus dem Flüchtlingslager in Jenin gelesen. Der sagte, Khamis war für ihn ein Kommunist, er hätte seinen Kinder nicht erlaubt an diesen Projekt teilzunehmen. Ein (klares) Dementi sieht anders aus. In einem Interview mit der TAZ 2 Jahre vor seinem Tod (siehe den Link weiter unten) beschreibt Khamis den Druck und die Anfeindungen , die das Projekt gerade von den konservativen religiöse Traditionalisten ausgesetzt ist. Das muss nicht unbedingt die Hamas sein. Durch das nicht bekennen und nicht erklären warum Mer Khamis getötet wurde, bleibt ein diffuses Gefühl von Bedrohung für alle am Projekt beteiligten zurück. Im April 2011 tauchten dann noch anonyme Flugblätter auf, in denen die ausländischen Freiwilligen bedroht wurden. Vom Tod Khamis hatte ich in den Medien erfahren, von der Bedrohungssituation leider nichts. So konnte ich das Guesthouse in Jenin nur in Begleitung verlassen. Fotografieren draußen war auch eher schwierig. In war dann auch im Jugendzentrum des Theaters, bei einem Gespräch mit Jugendlichen wurde ich gefragt, wo ich vorher gewesen bin. Als ich sagte: "Ich war in Israel vorher, in Tel Aviv und Jerusalem",antwortete mir einer der Jugendlichen: "es gibt kein Israel, nur besetzte Gebiete". Sie wären dreifach besetzt, von den Israelis, von der Autonomiebehörde, und in ihrem Kopf. Ich fragte einen, "ob er sich irgendetwas für seiner Zukunft wünscht?". Er sagte: "Ich habe keine Wünsche an meine Zukunft". Das Projekt existiert noch, im Herbst 2011 gab das Theater unter anderen 10 Gastspiele in Deutschland.
Ramallah liegt circa 15 Kilometer nördlich von Jerusalem in der Westbank und hat rund 60.000 Einwohner. Es ist der Regierungssitz der Autonomiebehörde mit den ganzen Ministerien und dem palästinensischen Parlament. Dann residieren hier viele NGO`s und diplomatische Missionen. Man erreicht die Stadt von Jerusalem aus über den Kontrollpunkt Qalandia, den größten Kontrollstelle in der Mauer/dem Sicherheitszaun, der die Westbank umschließt, sowie entlang der dortigen jüdischen Siedlungen verläuft. Die Serie Ramallah umfasst 37 Aufnahmen, es gibt Fotos zu sehen vom Zentrum der Stadt als auch vom Kontrollpunkt selbst.
Eine Bilderserie die während eines Besuchs in Bethlehem im Palästinensischen Autonomiegebiet im Mai 2011 entstanden ist. Es gibt Bilder von der palästinensischen Seite der Mauer aus gesehen. Ähnlich wie es die Mauer in Berlin gewesen ist, ist die eine Seite der Mauer quasi eine große graue Leinwand, Platz für unzählige Graffittis, Tags, und Wandbilder. 2002 begann Israel mit dem Bau eines Sicherheitszaunes mit geplanten 720 Kilometern Länge. In Siedlungsgebieten ist es eine bis zu 8 m hohe Betonmauer, ansonsten mehrere parallel verlaufende Zäune mit eine Gesamtbreite von bis zu 60 m, die elektronisch überwacht werden und regelmäßig von Militärpatrouillen kontrolliert werden. Ein Teil folgt der sogenannten "grünen Linie", der "Grenze" zwischen dem israelische Kernland und der Westbank, aber der größte Teil verläuft innerhalb des Gebiets der Westbank entlang israelischer Siedlungen mit circa 140.000 Bewohner. Es gibt mehrere Kontrollpunkte, die mit dem Auto passiert werden können und solche lokalen, die nur zu Fuß benutzt werden können. Israelis ist die Einreise in die Palästinensischen Autonomiegebiete verboten, Palästinenser brauchen zur Ausreise aus den Gebieten nach Israel eine Genehmigung der Israelis. Auch Bauern, deren Felder nun plötzlich auf der anderen der Mauer liegen, müssen durch die Kontrollen. Nur manche der Kontrollstellen sind den ganzen Tag geöffnet. Aus "Sicherheitsgründen" ist die Grenze auch mal tagelang dicht. Der Bau des Sicherheitszaunes war auch eine Antwort auf die vielen Selbstmordattentate während der zweiten Intifada mit über 1000 getötenden Israelis. Der Rückgang der Selbstmordattentate nach dem Bau ist denn auch die allgemeine Legitimation in der israelischen Gesellschaft für diese Mauer. Zu fragen bleibt, ob nicht sowieso die Attentate ähnlich wie die zweite Intifada von selbst geendet hätten. Und ob es nicht ein Trugschluß ist, zu glauben, die Grenze wäre unpassierbar. Es gab immer wieder Medienberichte, das es Schlupflöcher gibt, durch die zum Beispiel Illegale Arbeitskräfte vom der Westbank nach Israel gelangen. Vieles von dem, was ich im Mai 2011 in Bethlehem gesehen habe, hat mich stark an die Mauer-Bilder in meinem Kopf aus den 80ziger Jahren in Berlin-Kreuzberg erinnert, was eine solche Mauer mit dem (urbanen ) Raum macht, wie gewachsene Strukturen zerschnitten werden, bis hin zu den scheinbar naturgesetzmäßig entstehenden Müllhalden im Niemandsland.